Friseurbesuch entfacht Streit über Homeoffice

Der Chef eines deutschen Unternehmens machte jüngst seinem Ärger über eine Mitarbeiterin Luft und schimpfte über Remote Working. Warum es bei der Debatte eigentlich nicht ums Homeoffice geht.

Der Chef einer Hamburger Marketingfirma hat in Deutschland die Debatte rund um das Homeoffice angefacht. “Ich bin sauer”, postete Kai-Gunnar Hering auf der Social-Media-Plattform Linkedin vor wenigen Tagen. Denn eine Mitarbeiterin, die remote arbeitet, sei an einem Arbeitstag vier Stunden lang zum Friseur gegangen. “Wann wird da eigentlich gearbeitet?”, schrieb der Unternehmer.

Er garnierte den Post mit einem Screenshot von einem Kalendereintrag der Mitarbeiterin, die diesen, wie er später in einem Interview mit der Zeit sagte, “aus Versehen” in seinen Kalender eingetragen hatte: “Friseur Strähnchen machen”, steht da ab 9.15 Uhr an einem Wochentag im Kalender. Manche Menschen würden das Homeoffice als “Freifahrtschein” nutzen, “um Termine in die Arbeitszeit zu legen und möglichst wenig zu arbeiten”, urteilt ihr Chef. Er möchte daher künftig nur noch Mitarbeitende von zu Hause aus arbeiten lassen, die “über mehrere Monate Disziplin bewiesen haben”, wie er im Interview ankündigte.

Mehr als 5000-mal wurde das Posting seither kommentiert. Teils gab es Zustimmung, oft aber auch Kritik: “Präsenzkult” wird dem Unternehmer etwa vorgeworfen, denn solange die Arbeit nachgeholt werde, spiele die Zeit, in der sie erledigt werde, keine Rolle.

Was ist vereinbart?

Auch die auf Arbeitsrecht spezialisierte Anwältin Jana Eichmeyer von E+H Rechtsanwälte hat die Debatte auf Linkedin verfolgt. Eigentlich gehe es dabei aber gar nicht ums Homeoffice, sondern um die vereinbarten Arbeitszeiten, erklärt sie. Diese würden im Büro genau gleich wie im Homeoffice gelten, übrigens auch, was Ruhe- und Pausenzeiten angeht. “Wenn eine Arbeitszeit von neun bis 18 Uhr vereinbart ist, dann kann ich in dieser Zeit nicht zum Friseur gehen”, sagt die Juristin.

Weitaus häufiger gibt es heute aber flexible Arbeitszeiten, etwa in Form von Gleitzeit. Dann gibt es möglicherweise einen Zeitrahmen – also etwa zwischen sieben und 21 Uhr –, in dem die Arbeitszeit selbstbestimmt von den Mitarbeitern untergebracht werden muss. Wann genau man arbeitet, ist einem selbst überlassen. Einem Friseurbesuch um 9.15 Uhr steht dann also wiederum nichts im Weg – ganz egal, ob man im Homeoffice oder im Büro arbeitet. In einem solchen Fall muss man sich auch nicht mit anderen absprechen, außer es wurde im Unternehmen beispielsweise vereinbart, dass sich Abteilungen untereinander abstimmen müssen, damit immer jemand erreichbar ist.

Anders sieht die Sache aus, wenn zusätzlich auch eine Kernarbeitszeit festgelegt wurde, in der man in jedem Fall arbeiten muss, beispielsweise zwischen zehn und zwölf Uhr. In dieser Zeit darf man nicht unter der Trockenhaube beim Friseur sitzen. Übrigens ist es auch nicht damit getan, im Friseursalon das Diensthandy dabeizuhaben und somit erreichbar zu sein. “Es gibt einen Unterschied zwischen Homeoffice und Rufbereitschaft”, betont Eichmeyer.

Probleme mit Datenschutz

Während man in der Rufbereitschaft nur dann tätig werden muss, wenn etwas passiert, muss im Homeoffice die vereinbarte Arbeitsleistung proaktiv erledigt werden. Und zwar kann man laut dem neuen Telearbeitsgesetz theoretisch – und wenn der Arbeitgeber zustimmt – auch vom Kaffeehaus aus arbeiten. “Aber im Friseursalon funktioniert das sicher nicht”, sagt die Juristin, vor allem gebe es da in vielen Berufen schnell Probleme mit dem Datenschutz.

Was naturgemäß nicht geht, ist, dass man die Zeit beim Friseur als Arbeitszeit aufschreibt. “Das wäre – vereinfacht gesagt – Betrug und in den meisten Fällen auch ein Entlassungsgrund”, sagt Eichmeyer. Wer aber laut Dienstvertrag die Möglichkeit hat, flexibel zu arbeiten, darf frei über seine Zeit verfügen. Und sich durchaus auch einmal Strähnchen machen lassen, während der Chef arbeitet.