Bis zum 17. Dezember 2023 müssen Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern ein Hinweisgeber-System samt interner Meldestelle eingerichtet haben. Für säumige Unternehmen heißt es jetzt, schnell zu handeln.
Die Frist zur Einrichtung eines Whistlebowing-Systems für Unternehmen mit mindestens 250 Beschäftigten ist bereits im August abgelaufen. Nun sind nach dem HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) auch kleinere Unternehmen an der Reihe, ihren Mitarbeitern einen internen Meldeweg für bestimmte Gesetzesverstöße zur Verfügung zu stellen. Das HSchG sieht vor, dass derartige Meldungen von einem engen Personenkreis im Unternehmen vertraulich behandelt werden. Hauptanliegen des HSchG ist, dass Whistleblower, die einen Rechtsverstoß einmelden, vor Vergeltungsmaßnahmen des Arbeitgebers geschützt werden.
Im Vorweihnachtsstress ist die Frist am 17. Dezember bei manchen Unternehmen etwas untergegangen. Viel Zeit, um diese gesetzliche Pflicht im Unternehmen umzusetzen, bleibt nicht mehr. Doch noch ist es nicht zu spät, geeignete Maßnahmen zu setzen – und sei es (um hier realistisch zu bleiben) auch nur mit einer Zwischenlösung, die im neuen Jahr nachgebessert wird.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Die Frist am 17.12.2023 betrifft juristische Personen des Privatrechts und rechtsfähige Personengesellschaften mit mindestens 50, aber weniger als 250 Beschäftigten. Betroffen sind daher insbesondere GmbHs, Aktiengesellschaften, offene Gesellschaften (OGs) und Kommanditgesellschaften wenn sie den Mitarbeiter-Schwellenwert erreichen. Einzelunternehmen sind unabhängig von ihrer Mitarbeiteranzahl nicht verpflichtet, ein Hinweisgeber-System einzurichten. Die Schwelle bezieht sich dabei auf die aktuelle Anzahl der im Unternehmen beschäftigten ArbeitnehmerInnen. Nur bei Unternehmen mit saisonal schwankender Mitarbeiteranzahl (zB Hotellerie oder Gastronomie) ist die Mindest-Beschäftigtenanzahl von 50 aufgrund der durchschnittlichen Anzahl der ArbeitnehmerInnen während des vorangegangenen Kalenderjahres zu ermitteln.
Was sind die organisatorischen Mindestanforderungen?
Das HSchG verpflichtet Unternehmen zur Einrichtung eines passenden Meldesystems. Die Implementierung eines Onlinetools, welches auf der Website des Unternehmens oder im Intranet des Unternehmens eingebettet wird, ist aufgrund des knappen Zeitrahmens bis zum 17. Dezember schwierig. Der Vorteil derartiger Systeme ist, dass über einen sogenannten elektronischen Briefkasten der Whistleblower mit der internen Stelle, die sich um das Thema Whistleblowing kümmert, anonym kommunizieren kann.
Aber es gibt alternative Wege, um den gesetzlichen Verpflichtungen nachzukommen. Unternehmen können beispielsweise einen physischen Briefkasten, ein eigenes E-Mail-Postfach oder eine Telefon-Hotline einrichten, über bzw in welche Hinweise zu Gesetzesverstößen gemeldet werden können. Auch wenn derartige Meldekanäle bestimmte Nachteile haben (insbesondere hinsichtlich dem Thema Anonymität), können solcheLösungen die gesetzliche Pflicht ausreichend erfüllen, solange sie den Schutz des Hinweisgebers gewährleisten. Für kleinere Unternehmen können derartige alternative Lösungen auch auf Dauer passen.
Was ist organisatorisch noch zu berücksichtigen?
Gleichzeitig müssen Unternehmen eine interne Meldestelle einrichten, die sich aus einer oder mehreren Personen zusammensetzt, die Hinweise entgegennehmen und diesen nachgehen. Dies können Personen innerhalb des Unternehmens sein (wie etwa Compliance-Beauftragte oder Mitarbeiter in der Personal- oder Rechtsabteilung), aber auch externe Berater können mit den Aufgaben der internen Stelle beauftragt werden. Gerade bei Unternehmen mit nur um die 50 Mitarbeiter wird es oft keine derartigen Abteilungen im Unternehmen geben. Will man in einem solchen Fall keinen externen Berater für die Betreuung des Hinweisgeber-Systems hinzuziehen, so kann als interne Stelle mitunter auch ein anderer Mitarbeiter im Unternehmen fungieren. Praktisch empfiehlt es sich, dass dieser Mitarbeiter eine ausreichende Einschulung bekommt.
Organisatorisch ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiter über das Bestehen des internen Meldesystems informiert werden. Hierfür ist es ausreichend, eine unternehmensweite E-Mail zu versenden oder eine entsprechende Information im Intranet zu veröffentlichen. Wichtig ist dabei, klar zu kommunizieren, welche Rechtsverstöße gemeldet werden können und wo die Meldung abgegeben werden kann. Das HSchG legt fest, welche Gesetzverstöße gemeldet werden können müssen. Dazu gehören etwa Korruption, Verstöße gegen Vergaberecht, Datenschutzrecht, Kartellrecht oder das Verbraucherschutzrecht. Aber es finden sich auch speziellere Normen in der Liste, wie etwa Vorschriften betreffend Strahlenschutz. Viele Unternehmen in Österreich, die bereits ein Hinweisgeber-System implementiert haben, haben freiwillig einen weiteren Anwendungsbereich vorgesehen und erfassen auch Meldungen betreffend zB Mobbing oder sexuelle Belästigung. Eine derartige Erweiterung mag durchaus Sinn machen. Bei der Implementierung eines solchen erweiterten Systems sind aber zusätzliche datenschutzrechtliche und arbeitsrechtliche Aspekte zu berücksichtigen, deren Umsetzung “last minute” wenige Tage vor Ende der Implementierungspflicht wohl nicht mehr schaffbar ist.
Dem potentiellen Hinweisgeber soll deutlich gemacht werden, dass dieser durch das HSchG geschützt ist und keinen Vergeltungsmaßnahmen, wie beispielsweise einer Kündigung oder Diskriminierung, ausgesetzt ist. Die Verletzung des Vertraulichkeitsschutzes oder die Setzung von Vergeltungsmaßnahmen können eine Verwaltungsübertretung darstellen. Es drohen Verwaltungsstrafen bis zu EUR 20.000, im Wiederholungsfall bis zu EUR 40.000.
Sobald eine Meldung eingelangt ist, muss die interne Stelle dem Hinweisgeber innerhalb von sieben Tagen den Erhalt der Meldung bestätigen. Diese hat sodann Folgemaßnahmen zu ergreifen (zum Beispiel interne Untersuchungen oder Einstellung der Ermittlungen). Spätestens nach drei Monaten muss der Hinweisgeber über das Ergebnis der Untersuchung informiert werden. Eine derartige Information ist selbstverständlich praktisch nicht immer möglich – wenn etwa ein anonymer Brief in den Briefkasten deponiert wurde, so ist eine Kommunikation mit dem Hinweisgeber praktisch nicht möglich.
Was Unternehmen jetzt tun sollten
Die betroffenen Unternehmen sollten schnell ein Whistleblowing-System einrichten, um die gesetzlichen Anforderungen des HSchG zu erfüllen. Angesichts des nahenden Stichtags sollten sich Unternehmen daher um eine akzeptable Lösung bemühen, um noch rechtzeitig “compliant” zu sein. Wie beschrieben, kann man auch mit einer sehr pragmatischen Lösung “compliant” sein.
Obwohl nach dem HSchG nach der herrschenden Meinung keine Strafen im Fall der Nichtimplementierung drohen, birgt die Gefahr, dass Mitarbeiter sich mit einer Meldung über einen Rechtsverstoß an eine externe Stelle oder an die Öffentlichkeit wenden, potenzielle Risiken. Das HSchG sieht das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung als allgemeine externe Meldestelle vor, an die sich Hinweisgeber alternativ wenden können. Eine Hinweisgebung abseits des internen Meldekanals kann zu einem höheren Schaden für das Unternehmen führen, sei es in Form von Reputationseinbußen oder rechtlichen Konsequenzen. Zudem ist die Schaffung von Compliance-Strukturen Aufgabe jeder Geschäftsführung. Es ist daher im eigenen Interesse der Unternehmen, die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen ernst zu nehmen und entsprechende Maßnahmen zu ergreifen.