Autor: Raphael Arnold / JUVE Magazin / 07. Mai 2024
Ein Teil des Schadens aus dem Kauf von Schur Flexibles ist ausgeglichen: Die B&C-Gruppe hat sich mit einem Konsortium von Versicherern verglichen und einen Betrag von 120 Millionen Euro erhalten. Diese hatten den Kauf des Unternehmens 2021 mit einer ‚Warranty & Indemnity‘-Polizze abgesichert.
Im europäischen W&I-Markt handelt es sich in Summe um eine der größten Zahlungen, die bislang nach einer schiefgelaufenen M&A-Transaktion erfolgte. Von dem Gesamtbetrag entfallen rund 70 Millionen Euro auf Riskpoint als Grundversicherer; hinter ihm stehen wiederum sieben weitere Unternehmen, die Teile der Risiken übernehmen. Ein zweiter Anteil in Höhe von 50 Millionen Euro entfällt auf den Versicherer Liberty Global Transaction Solutions.
Gegen einen zusätzlichen Versicherer, Fidelis, verfolgt B&C weiterhin Ansprüche. Allerdings sind in diesem Fall nicht Bilanz-, sondern Insolvenzgarantien versichert. Deshalb müssen andere Voraussetzungen erfüllt sein, um einen Schaden auszugleichen.
Weitere Ansprüche offen
Die B&C-Gruppe war im Frühsommer 2021 bei dem Verpackungshersteller Schur Flexibles eingestiegen und berappte für einen 80-Prozent-Anteil rund 900 Millionen Euro. Verkäuferin war das Private-Equity-Haus Lindsay Goldberg, gegen das B&C ebenfalls Ansprüche geltend macht.
Bereits im Sommer 2022 reichte B&C die Beteiligung an dem Verpackungsspezialisten an das US-Investmenthaus Apollo und andere Schur-Gläubiger weiter. Die Privatstiftung begründete den Schritt damals damit, dass sie „massive Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen der Vorjahre und grobe Verfehlungen durch ehemalige Manager“ entdeckte. Bilanzen seien „unrichtig und manipuliert“ gewesen. Gegen das Schur-Management seien Strafverfahren eingeleitet.
Schuldenschnitt vorgenommen
Mit dem Verkauf des Anteils ging ein Schuldenschnitt einher, der bis zu 75 Prozent der bestehenden Verbindlichkeiten umfasste. Die neuen Kreditgeber stellten außerdem in zwei Tranchen frisches Kapital in Höhe von 150 Millionen Euro bereit.
Wenig später benannte sich die Zielgesellschaft aus Wiener Neudorf in Adapa um. Sie bezifferte den Jahresumsatz zuletzt auf rund 690 Millionen Euro, die Zahl der Mitarbeitenden an den 22 Standorten beläuft sich auf zirka 2.200.
Berater B&C
Clifford Chance (Frankfurt): Dr. Paul Hauser (Federführung), Uwe Hornung, Dr. Peter Burckhardt (alle Konfliktlösung), Dr. Stefan Sax, Dr. Martin Jawansky (beide Restrukturierung, Insolvenzrecht); Associates: Azal Khan, Polina Lehmann, Lara Junge, Dr. Caroline Kittelmann, Karen Laik (Paris; alle Konfliktlösung), Konstantin Kirchner (Restrukturierung, Insolvenzrecht)
Baltzer Legal (Frankfurt): Corinna Baltzer (Versicherungsrecht) – aus dem Markt bekannt
E+H (Wien): Dr. Peter Winkler, Dr. Nidal Karaman, Dominik Juster; Associates: Peter Steindl, Bernhard Walter, Vincenz Stockert (alle Gesellschaftsrecht; letztere beide Rechtsanwaltsanwärter)
Berater Riskpoint
Inhouse Recht (Kopenhagen): Jonas Svensson (Global Head of Specialty Claims)
Mayer Brown (Frankfurt): Dr. Jan Kraayvanger; Associate: Niyati Asthana (beide Konfliktlösung)
Strasser Haindl Meyer (Wien): Philipp Strasser (Versicherungsrecht) – aus dem Markt bekannt
Berater Liberty
Inhouse Recht (London): Simon Radcliff (Head of GTS Claims) – aus dem Markt bekannt
Clyde & Co (München): Dr. Sven Förster; Associate: Adriaan Louw (Frankfurt; beide Versicherungsrecht, Konfliktlösung)
Dorda (Wien): Dr. Felix Hörlsberger, Magdalena Nitsche (beide Versicherungs-/Vertragsrecht)
Berater Fidelis Insurance Ireland
Noerr (Düsseldorf): Dr. Oliver Sieg, Simone Schönen (Versicherungsrecht)
Hintergrund: In den Auseinandersetzungen um die gescheiterte, ursächliche Transaktion ist deutsches Recht maßgeblich – sowohl für den Deal als auch die Versicherungen. Dadurch waren auch in der Restrukturierung und dem Notverkauf 2022 deutsche Kanzleien an maßgeblichen Stellen beteiligt.
Das zeigt sich nun auch bei den Vergleichen zwischen B&C einerseits sowie Riskpoint und Liberty andererseits. B&C setzt bei den Aufräumarbeiten seit Ende 2021 unter anderem auf Clifford Chance und E+H. Clifford ernannte den federführenden Hauser Anfang Mai 2024 zum Equity-Partner. Die frühere Clifford-Anwältin Baltzer holten die Berater für versicherungsrechtliche Belange hinzu.
Bei Lixil involviert
Die Berater der Versicherer Riskpoint und Liberty, Förster und Kraayvanger, waren auch in dem hochvolumigen W&I-Fall um den Kauf des Sanitärherstellers Grohe durch den japanischen Baustoffhersteller Lixil mandatiert. Damals wies zunächst ein Schiedsgericht Ansprüche von Lixil in Höhe von 270 Millionen Euro ab. Das OLG Frankfurt bestätigte diese Entscheidung 2020.
Für den internationalen Versicherer Fidelis ist ein erfahrenes Noerr-Team tätig. Es arbeitet unter anderem mit David Chadwick von Kennedys Law in Großbritannien zusammen.
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