Da dem Telekommunikationssektor für die Wettbewerbsfähigkeit Europas und dem Erhalt des nachhaltigen Wohlstands in Europa eine tragende Rolle zukommt und (wohl verstärkt) zukommen wird, ist nicht nur die EU aktiv. Auch die nationalen Behörden haben die Relevanz dieses Sektors erkannt und ihren Fokus darauf gerichtet. So veröffentlichte die Bundeswettbewerbsbehörde (“BWB“) gemeinsam mit fünf weiteren europäischen Wettbewerbsbehörden (Belgien, Irland, Niederlande, Portugal und Tschechische Republik) am 22.04.2025 eine Erklärung zum Stellenwert des Wettbewerbs im Telekommunikationssektor.
Auch der für den Telekommunikationssektor zuständige Regulator, die Telekom-Control-Kommission (“TKK“), hat unlängst das Verfahren zur Marktdefinition und Marktanalyse nach § 87 TKG 2021 (M 1/25) eingeleitet. Dieses Verfahren hat insbesondere für eine allfällige sektorspezifischen ex-ante Regulierungen Relevanz.
- Die Wettbewerbsbehörden unterstreichen ua die Bedeutung des Wettbewerbs als Baustein des Binnenmarktes und betonen, dass ihrer Erfahrung nach, die Ziele der Erhaltung des Wettbewerbs und die Erreichung von Größenvorteilen nicht im Widerspruch zueinanderstehen.
- Hinsichtlich des Sektors der elektronischen Kommunikation wird festgehalten, dass der Wettbewerb nach wie vor national geprägt ist und sowohl auf der Infrastrukturebene (etwa Ausbau, Zugang auf Vorleistungsebene und Netzabdeckung) als auch auf dem Dienstleistungsmarkt stattfindet. Nach Ansicht der sechs Wettbewerbsbehörden können mögliche Nachteile, wie Schwächung des Anreizes zur Verbesserung von Qualität der Dienste, Netzabdeckung, Netzdichte und Innovationen sowie die Beeinträchtigung der Resilienz und Versorgungssicherheit, die aufgrund der geringen Anzahl an konkurrierenden Infrastrukturanbieter bestehen können, nicht durch den Wettbewerb auf Dienstleistungsebene ausgeglichen werden.
- Weiters weisen sie die Behauptung, dass die Fragmentierung dieses Sektors, die zur Behinderung von Investitionen und Innovationen führe, auf angeblich zu strenge Wettbewerbsregeln zurückzuführen sei, als unzutreffend zurück. Tatsächlich würde eine zu laxe Handhabung der fusionskontrollrechtlichen Regelungen nach Ansicht der beteiligten Wettbewerbsbehörden nicht nur das Verbraucherwohl, sondern letztlich auch Investitionen und Innovationen untergraben. Vor diesem Hintergrund benötigen weitreichende und strukturelle Konsolidierungen in einem Mitgliedstatt weiterhin einer sorgfältigen Zusammenschlussprüfung.
- Hinsichtlich grenzüberschreitender Zusammenschlüsse wird betont, dass diese wettbewerbsfördernd sein können und gleichzeitig den Binnenmarkt stärken, ohne den Wettbewerb auf nationaler Ebene zu beeinträchtigen. Daher sollen grenzüberschreitende Zusammenschlüsse, die europäischen Unternehmen und Verbrauchern zugutekommen, nicht verhindert werden.
Die BWB hebt die Komplexität der Realität im Telekommarkt hervor und betont, dass Grundvoraussetzung für neue digitale Dienste und Geschäftsfelder eine leistungsfähige Infrastruktur sei. So funktioniere in Österreich der intermodale Wettbewerb zwischen Mobil- und Festnetzdiensten und es konnten in vielen Bereichen die sektorspezifischen ex-ante Regulierungen zurückgenommen werden und durch die ex-post Überprüfung des allgemeinen Wettbewerbsrechts und der Fusionskontrolle ersetzt werden. Ferner attestiert die BWB trotzt gemeinsamen Rechtsrahmens, dass erhebliche Unterschiede zwischen den Mitgliedstaaten bestehen, insb bei Ausbauvorhaben, im Umgang mit Daten oder bezüglich der Konsumentenschutzbestimmungen. Dies habe Auswirkungen auf die Schaffung eines europäischen Binnenmarktes für Telekommunikation.
Auch die TKK ist nicht untätig gewesen und hat Anfang März 2025 das Verfahren M 1/25 eingeleitet. Dieses Verfahren dient
- der Feststellung der der sektorspezifischen Regulierung unterliegenden relevanten Märkte sowie
- der Feststellung, ob auf diesen jeweils ein oder mehrere Unternehmen über beträchtliche Marktmacht verfügen oder aber effektiver Wettbewerb gegeben ist und
- gegebenenfalls der Auferlegung, Änderung oder Aufhebung von spezifischen Verpflichtungen.
Ausblick und zu setzende Schritte
Die Ergebnisse des TKK-Verfahrens M 1/25 werden für alle am österreichischen Telekommunikationsbereich aktiven Unternehmen – sowohl auf Infrastruktur- als auch auf der nachgelagerten Dienstleistungsebene – von großer Relevanz sein. In diesem Zusammenhang sollten diese Unternehmen insbesondere auf die Auswirkungen (aber auch mögliche Chancen), die einer allfälligen ex ante Regulierung nach TKG 2021 einhergehen, vorbereitet sein und – sofern erst die kartellrechtliche ex post Kontrolle greift – sich ins Bewusstsein rufen, dass die BWB die Entwicklungen im Telekommunikationssektor genau beobachten, das Kartellverbot und den Missbrauch marktbeherrschender Stellung konsequent verfolgen sowie auch Zusammenschlüsse in diesem Bereich genau unter die “Lupe” nehmen wird.